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DISPUT

Unterwegs mit Petra

In Nordrhein-Westfalen gab es viel Zuspruch für unsere Kampagne zum Pflegenotstand

Von Katharina Kirchhof

Es  ist ein kühler Regentag in einem viel zu heißen Sommer. Der erste Stopp der NRW-Sommertour im Rahmen der Kampagne »Menschen vor Profite – Pflegenotstand stoppen!« ist in Bielefeld. Schon beim Aufbau sammeln sich Interessierte an unserem Infostand. Die Menschen drängeln sich um das Infomaterial und die Unterschriftenlisten. Wir hören zum ersten Mal den Satz, der auch den Rest der Tour prägen wird: »Wo kann ich unterschreiben?«

Es gibt einen strengen Zeitplan: 18 Städte in Nordrhein-Westfalen in knapp zwei Wochen. Zudem gibt es in diesem Sommer auch noch von den Landesverbänden der LINKEN selbst­organisierte Pflege-Touren durch Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. Ohne den engagierten Einsatz der Kreisverbände wäre das nicht möglich. In jeder Stadt werden wir von Mitgliedern erwartet. Der Aufbau der vier Meter hohen »sechsarmigen Petra« ist dabei die größte Herausforderung. Der Rest läuft. »Im Kreisverband Unna ist es gelungen, zehn von 130 Mitgliedern für diese Veranstaltung auf dem Marktplatz zu mobilisieren«, sagt Friedhelm Schaumann, Sprecher des Kreisverbandes Unna. Das habe positive Effekte auf den Zusammenhalt der Kreisverbände, so Schaumann. 

Die aktiven Mitglieder haben richtig Lust auf die Aktion. Natürlich ist Petra ein Blickfang, besonders auf den Marktplätzen der kleineren Städte. Doch es sind die Menschen hinter dem Stand, die überzeugen. Und sie sind kreativ dabei. Manche bringen Lautsprecher mit. So schallen unsere Forderungen durch die Bielefelder Innenstadt. In Dinslaken sind sie als Ärztin und Krankenschwester verkleidet und verteilen Flyer. Aus dem Lautsprecher erklingen Sirenengeräusche, hektische Stimmen: »Schwester Petra, bitte in die Notaufnahme!«

Das lockt Passantinnen und Passanten an den Infostand. Sie wollen nicht nur unterschreiben, sie wollen auch erzählen. Viele, die zu uns kommen, arbeiten selbst in Pflegeberufen. Sie sind dankbar, am Infostand ernst genommen zu werden, wenn sie sagen: »Ich kann nicht mehr!«. Wir müssen ihnen nicht viel erklären. Die Leute wissen, was falsch läuft. Und sie wollen, dass sich etwas ändert. Schnell wird deutlich, wie sehr die Menschen über dieses Thema reden möchten. Simon Knapp, gelernter Gesundheits- und Krankenpfleger, ist aktiv in der Pflegekampagne. Er bringt es auf den Punkt: »In unserer schnelllebigen Gesellschaft haben Krankheit und Tod keinen Platz in öffentlichen Debatten.«. Dass die Probleme in der Pflege von der Politik lange totgeschwiegen wurden, löst auch Resignation aus. So fragt eine Frau in Oberhausen, was ihre Unterschrift verändern könne. Es bliebe ja ohnehin alles beim Alten. Sofort springt eine aktive Genossin ein. »Es hat sich doch schon was bewegt!«, erklärt sie. Da hat sie Recht. Dank der unermüdlichen Arbeit von Genossinnen und Genossen, der Gewerkschaften und der Beschäftigten, die überall im Land streiken und protestieren, konnten erste Erfolge verbucht werden. 

Gesundheitsminister Spahn kann den Pflegenotstand nicht länger ignorieren. Im aktuellen Entwurf zum »Pflegepersonalstärkungsgesetz« kündigt die Bundesregierung an, dass Krankenhäuser ab dem nächsten Jahr zusätzliches Geld für dringend benötigte Stellen in der Pflege bekommen sollen. Die Pflegepersonalkosten werden erstmalig wieder aus den Fallpauschalen herausgenommen und nach dem Selbstkostenprinzip finanziert. Ein erster Schritt weg von der Profitlogik im Gesundheitswesen. Natürlich ist einiges an diesem Gesetz zu kritisieren. Eine bedarfsgerechte Pflegepersonalabmessung ist im Entwurf nicht vorgesehen. Außerdem darf sich der Personalschlüssel nicht an den am schlechtesten ausgestatteten Stationen orientieren. Darum sind Aktionen wie die Pflege-Sommertour wichtig. Denn so schön es auch ist, erste Erfolge verkünden zu können: Wir müssen dranbleiben, Präsenz zeigen, Gespräche führen, Unterschriften sammeln und das vor Ort, egal ob Großstadt oder Dorf. Nur so können wir auch die Menschen erreichen, die der Politik mittlerweile nur noch mit Resignation begegnen.

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