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DISPUT

Eine Frage der Erziehung

Was wir unseren Kindern heute beibringen müssen, damit sie eine Gesellschaft erschaffen, in der es keine Geschlechterunterschiede mehr gibt

VON NEELE BÜNNING

Feminismus ist ein Gedankengut, das wie alle anderen großen gesellschaftlichen Veränderungen Zeit zum Wachsen braucht. Dabei spielt die Erziehung unserer Kinder eine entscheidende Rolle. Von klein auf müssen Kinder, Mädchen wie Jungen, lernen, geschlechtsspezifi sche Unterschiede erst gar nicht zu machen. Wir Erwachsenen tragen die Verantwortung, das Aufwachsen in einer feministischen Welt zu ermöglichen. Kinder sollten von Anfang an lernen, eine Unterscheidung zwischen Feminismus und seinen abgeschwächten Formen zu treffen. Feminismus ist, wenn Frauen und Männer gleichgestellt sind. Kinder sollten Feminismus nicht als nette Geste der Väter und Brüder betrachten. Es wäre falsch, wenn der Vater sagt: »Meine Frau muss nicht immer die ganze Hausarbeit alleine machen, wenn Sie mal keine Zeit hat, dann übernehme ich das natürlich «. Männer sollten Frauen nichts gestatten dürfen oder sie in ihren »typisch weiblichen « Tätigkeiten nur unterstützen, ansonsten besteht kein ausgeglichenes Verhältnis. Geschlechterrollen können in den Köpfen von Kindern durch unseren Sprachgebrauch entstehen. Es ist wichtig zu hinterfragen, welche Gedankenketten man in einem Kind auslöst, wenn man Mädchen als »Engel« und »Prinzessin« bezeichnet und Jungs als »Helden«. So können klassisch feminine und maskuline Verhaltensweisen vorgelebt werden. Mädchen haben gütig und schön zu sein wie Engel, oder edel und erwachsen wie Prinzessinnen, wohingegen Jungen Attribute wie unnachgiebig, stark und dominant beigebracht werden. Eine Reflektion über den eigenen Sprachgebrauch und die Kosenamen von Kindern, können stigmatisierten Geschlechterrollen entgegenwirken. Biologie soll keine Begründung für gesellschaftliche Normen sein. Ein Mädchen sollte keine Dinge tun, »weil das Mädchen eben so machen«. Genauso wenig wie dies bei Jungen der Fall sein sollte. In den ersten zehn Lebensjahren gibt es kaum einen Unterschied im Körperbau von Jungen und dem von Mädchen. Es sollte daher nicht notwendig sein, nur Klamotten zu kaufen, die für das eine oder das andere Geschlecht gemacht sind. Kinder sollten verstehen, dass Tätigkeiten wie Kochen, Wäsche waschen oder Rasen mähen nicht in dem Unterschied zwischen den Geschlechtern verankert sind. Biologie bedeutet nicht, dass Jungen besser mit Bauklötzen bauen können als Mädchen. Je aufgeklärter unsere Gesellschaft wird, desto auffälliger scheint eine Tendenz der Vermännlichung. Mädchen soll mehr und mehr die Möglichkeiten geboten werden, typisch maskuline Verhaltensweisen auszuleben. Hingegen scheint es so, als wenn weniger Jungen beigebracht wird, dass auch sie so feminin sein können, wie sie wollen. Der Lohnunterschied von Frauen und Männern soll durch eine höhere Frauenquote in von Männern dominierten Branchen ausgeglichen werden. Der »Girlsday « sorgte explizit dafür, Mädchen typisch männliche Tätigkeitsbereiche näherzubringen. Dabei wird oft nur in eine Richtung gedacht. Eine Gleichstellung der Geschlechter bedeutet genauso, Jungen typisch feminine Charakterzüge, Spielzeuge, Kleider oder Berufe aufzuzeigen. Mädchen und Jungen sind gar nicht so unterschiedlich, wie es bei Erwachsenen oft zu sein scheint. Wenn man einmal von den Geschlechterrollen absieht und sich den Jungen vorstellt, der strahlend in der Kita arbeitet, oder das Mädchen, welches als Kapitänin um die Weltmeere schippert, wird deutlich, wie viel Potential eine Welt haben könnte, die nicht durch Stigmata reglementiert wird. Die feministische Zukunft gehört unseren Kindern.

Neele Bünning ist Mitglied der LINKEN und war als Praktikantin in der Bundesgeschäftsstelle der LINKEN tätig.

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