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Bernd Riexinger u.a

Systemwechsel im Krankenhaus: Gemeinwohl vor Profit

Bernd Riexinger, Vorsitzender der Partei DIE LINKE, sowie Harald Weinberg, Sprecher für Krankenhauspolitik der Linksfraktion im Bundestag, Nelson Janßen, Sprecher für Gesundheitspolitik der Linksfraktion in der Bremischen Bürgerschaft, und Ralf Plötner, Sprecher für Gesundheitspolitik der Linksfraktion im Thüringer Landtag, haben auf einer Pressekonferenz im Berliner Karl Liebknecht-Haus ein Papier zu einer veränderten Krankenhauspolitik vorgestellt:

Es ist Zeit für einen Systemwechsel in der Krankenhauspolitik, der sich am Gemeinwohl orientiert und den ökonomischen Druck von den Krankenhäusern nimmt. Der Zweck eines Krankenhauses ist nicht, Profite zu erwirtschaften, sondern die Bevölkerung bedarfsgerecht zu versorgen. Krankenhäuser sind Teil des Sozialstaats. Diesem Zweck der Krankenhäuser stehen derzeit die Orientierung an Markt und Wettbewerb und ihre damit einhergehenden betriebswirtschaftlichen Strategien entgegen.

Die Möglichkeit seit 1985, mit Krankenhäusern Gewinne - und Verluste - zu erzielen und sie untereinander in einen Wettbewerb zu setzen, hat sich als unsachgemäß und problematisch erwiesen: Ob ein Krankenhaus Gewinne macht, sagt nichts darüber aus, wie die Bedarfe vor Ort sind. Wenn die Schließung von Stationen, Abteilungen oder ganzen Krankenhäusern von der Profiterwirtschaftung abhängt, leidet die Bevölkerung. Die Krankenhausplanung wird so ad absurdum geführt und die bedarfsnotwendige Versorgung gefährdet.

Das System der Fallpauschalen - ab Anfang der 2000er eingeführt - führt zu Personalmangel, Pflegenotstand und Lohndumping. Es schafft finanzielle Anreize für Über-, Unter- und Fehlver­sorgung. Und die Corona-Pandemie hat gezeigt: Für Krisenfälle ist es ebenfalls gänzlich ungeeignet. Deswegen müssen die Fallpauschalen durch ein transparentes System der kostendeckenden Finanzierung abgelöst werden, das am Gemeinwohl ausgerichtet ist.

In den vergangenen Jahren hat die Kritik am System der Fallpauschalen zugenommen: Pflege­kräfte kämpfen und streiken mit ihrer Gewerkschaft ver.di für Entlastung und mehr Personal, Beschäftigte in Tochterunternehmen setzen sich gegen Niedriglöhne zur Wehr, Ärztinnen und ihre Organisationen kritisieren die unmenschlichen Zwänge der kommerzialisierten Medizin, Bürgerinnen protestieren vor Ort gegen die Schließung von Stationen und ganzen Kranken­häusern aus wirtschaftlichen Gründen.

Wir setzen uns - in der Gesundheitsministerkonferenz, im Bund und in den Bundesländern - für die folgenden Maßnahmen ein:

  1. Die Fallpauschalen müssen abgeschafft und durch eine bedarfsgerechte Kosten­deckung ersetzt werden.

Die Finanzierung über pauschale Erlöse je Fall wird abgelöst durch ein System der Kosten­deckung der wirtschaftlich notwendigen Ausgaben. Kosten im Personalbereich müssen vollständig refinanziert werden.

  1. Die Bundesländer brauchen stärkere Planungsrechte.
  • Für eine effiziente Planung der Krankenhausstruktur müssen die Planungsrechte der Länder - im Sinne einer regionalen Versorgungsplanung - gegenüber den Krankenhaus­trägern gestärkt werden.
  • Die Bedarfsplanungmuss verbindlich und prioritär ausgerichtet sein an: Versorgungs­regionen, Erreichbarkeit (flächendeckende Versorgung), demografische Besonderheiten und notwendige Kapazitätsreserven. Ein weiterer Abbau von Betten darf nicht stattfinden - auch mit Blick auf eine sichere Versorgung bei weiteren Pandemiegeschehen.
  • Die volle Finanzierung der Investitionen durch die Bundesländer muss sichergestellt und durch einen Investitionsfonds des Bundes unterstützt werden.
  1. Ausschüttungsverbot von Gewinnen, die mit Krankenhäusern erzielt werden.

Die Betriebskosten der Krankenhäuser werden mit Versichertengeldern finanziert. Gewinne aus diesem Betrieb dürfen nicht in die Taschen von Eigentümern und Aktionären fließen. Deshalb brauchen wir ein Verbot der Gewinnausschüttung.

  1. Die Krankenhäuser wieder in öffentliche und gemeinnützige Hand bringen.

Nachdem private Krankenhäuser jahrzehntelang politisch bevorteilt wurden, kämpfen jetzt viele öffentliche und freigemeinnützige Krankenhäuser um ihre Existenz, viele haben den Kampf schon verloren.

  • Wir fordern einen Fonds des Bundes zur Rekommunalisierung, um eine weitere Privatisie­rung zu verhindern und Entprivatisierungsbestrebungen zu unterstützen. Langfristig streben wir einen gemeinwohlorientierten Krankenhaussektor und die Übernahme bisher privater Häuser in diesen Sektor an.
  • Kein Outsourcing in Tochtergesellschaften: Umfassendes In-Sourcing ausgelagerter Bereiche. Auch für die Qualitätssicherung ist wichtig, dass in den Krankenhäusern gilt: ein Haus, ein Tarif.
  1. Gesetzliche Personalbemessung für alle Berufsgruppen im Krankenhaus: bedarfs­gerecht, wissenschaftlich ermittelt, bindend.
  • Für die stationäre Pflege müssen die Vorschläge von ver.di, Deutschem Pflegerat (DPR) und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) zur Pflegepersonal-Regelung (PPR 2.0) umgesetzt werden.
  • In allen patientennahen Bereichen muss eine gesetzliche Personalbemessung gelten.
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